Thorens TD 160 HD
Das HD im Namen ist Programm: Mit dem TD 160 HD zeigt Thorens, wie viel High Definition ein Plattenspieler einer Vinylrille entreißen kann. Wir staunen und applaudieren.

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Wenn Sie noch gut beieinander sind, keine Koordinationsschwächen oder gar zwei linke Hände haben, dann lassen Sie sich keinesfalls die Freude des Aufbaus entgehen. Natürlich bringt ein guter Händler den neuesten TD 160 HD von Thorens auch fix und fertig in Ihr Wohnzimmer. Aber man nimmt sich etwas, den Kontakt zu einem Stück vergangener und hochaktueller HiFi-Geschichte. Also am besten den Plattenspieler, ?so wie er ist? im Pappkarton nach Hause entführen und eine gute Stunde Zeit für das erste, erotische Aufeinandertreffen reservieren. Der einzige Haken: Zuvor muss man seine neue Liebe beim Fachhändler auslösen - für 2.000 Euro. Lektion eins: Trotz seines geradezu spartanischen Aussehens ist der TD 160 HD kein Gutgünstig-Player, sondern ein erwachsenes Stück High-End.

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Der Blick in den Lieferkarton weckt bei einem Erwachsenen in etwa die gleichen Gefühle, die ein Fünfjähriger beim ersten Kontakt zu einem neuen Playmobil-Spiel haben muss. Viele schöne Einzelteile. Die im Kopf bereits perfekt zusammengesetzt sind. Nur die Hände müssen noch ?ran.
Warum wird so ein Plattenspieler nicht komplett spielbereit ausgeliefert? Weil ein Vinylrotator eben kein banaler CD-Player ist. Hier treffen feinmechanische Kontaktflächen aufeinander, die beim Transport bösen Schaden erleiden könnten. Ein winziger Sturz und schon könnte das Gewicht des Plattentellers das Lager verziehen. Oder schlimmer noch: Der Tonarm gerät auch nur um einen Mikrometer aus der Idealachse. Deshalb ist Folgendes wichtig bei allen größeren Umzügen: Einen Plattenspieler nie als zusammengewachsenes Stück gut von Berlin nach Hamburg verfrachten, sondern stets in die Basiselemente zerlegen und bewegliche Teile gut fixieren. Wie man?s macht, zeigt Thorens vorbildlich. Die Holzzarge nimmt dabei den Großteil der Verpackung ein ? eine überraschend leichte Basiskonstruktion, die recht schnell das Konzept eines Sub-Chassis verrät.

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Die Branche unterscheidet zwei Typen von Plattenspielern ? Masse-Laufwerke und eben Sub-Chassis. Das Ziel beider Konzepte liegt darin, der rotierenden Platte möglichst viel Dynamik aber wenig Angriffsfläche zu bieten ? gegen Schwingungen vom Fußboden oder Tiefbasswellen aus den Lautsprechern. Masse-Laufwerke wollen dies durch hohes Gewicht und eine starre, starke Basiskonstruktionen erreichen. Sub-Chassis setzen dagegen auf cleveres Entkoppeln durch Federn oder Gummi-Elemente. Der TD 160 nimmt sich das Beste aus beiden Welten: Der Plattenteller aus mittelschwerem Acryl schafft Souveränität, zugleich wird eine Sub-Ebene im Chassis über Polymer-Dämpfer von der äußeren Holzzarge entkoppelt ? Plattenteller und Tonarm ruhen in einer eigenen, verschachtelten Welt. Wer sich noch erinnern kann: In alten Tagen überboten sich die Hersteller hierbei in wahren Schwabbel-Festspielen ? was wie auf einem Luftkissenboot über die Wellen schaukelt, kann nicht angegriffen werden. Das ist eine Milchmädchenrechnung, weil zu viel Dämpfung dem Plattenspieler auch seinen Antritt, seine Dynamik raubt - die Kraft eines Formel-1-Motors kommt nicht auf den Asphalt. Die Thorens-Entwickler setzen das beim TD 160 dagegen vorbildlich um; wer den Plattenteller sanft antippt, erlebt nur einen minimalen Sub-Chassis- Effekt, als ob man einen Hartgummi-Ball streift.

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Lieferumfang: Die wichtigsten Elemente im Karton sind klein: beispielsweise das Gegengewicht für den Tonarm oder eine kleine Amphora mit einer gelben Flüssigkeit - das Öl für das Lager des TD 160. Fünf bis acht Tropfen in das Lager träufeln, so verschreiben es die Thorens-Ingenieure in der Bedienungsanleitung, danach wird der zentrale Dorn ein- und der Plattenteller aufgesetzt. Zeitgleich muss auch der Antriebsriemen über die Motorachse schlüpfen, die wiederum unter dem Plattenteller liegt. Also ein kniffliges Unterfangen, bei dem Thorens aber vorgedacht hat: Mit dem Antriebsriemen liegt auch eine Klammerkonstruktion dem Lieferumfang bei, die den Riemen spannt, vorjustiert und dann souverän an den Motor-Puck gleiten lässt. Das macht man einmal und fühlt sich danach wie der Held nach einer Fleißaufgabe. Die Folgelogik: Natürlich wird zum Tempowechsel zwischen 33 1/3-LP-Umdrehungen und 45-Single-Umdrehungen der Antriebsriemen nicht mehr umgelegt - ein Wählknauf vorn links neben dem Plattenteller übernimmt diese Aufgabe durch elektronische Steuerung des Motors. Nur noch zwei Kork/Gummi- Matten auf den Acylteller und die Basis wäre bereitet.

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Bedienung: Hierüber kann der Kunde sehr direkt feintunen: liegt eine schwere und eben auch dicke 180-Gramm-Schallplatte auf dem Teller, genügt mitunter eine Matte, rotiert eine dünne Pressung aus den späten 70er-Jahren, dann wird doppelt untermauert. Parallel bietet der TD 160 auch den mittleren Luxus, die Höhe des Tonarms an der Achse verstellen zu können. Das funktioniert über eine Klemmkonstruktion per Inbusschlüssel, praktisch-rustikal ? wie der ganze Plattenspieler.
Die unsichtbaren Tricks: Die Bodenplatte ist auf der Innenseite von einer mystischen Spirale gezeichnet. Das ist ein sehr effektives Mittel, die Eigenschwingungen zu brechen. Die ausgefräste Spirale füllt Thorens mit einem Material, das auf das Kürzel ?RDC? hört. ?Resonance Deadening Components? (der Wortstamm ist Programm) soll Resonanzen ?töten?: nicht mit der Schrotflinte, nicht mit Arsen ? aber mit einer patentierten, geheimen Mischung eines hochdichten, knorrigen Materials. Aus diesem bestehen nebenbei auch die drei Füße in Kegel-Form, auf dem der TD 160 ruht.
Ein weiterer Aspekt des Spartanischen: Es befindet sich kein Tonabnehmer im Lieferumfang. Das kann man als Geldbeutel- Plünderung anklagen oder dahinter simpel eine Funktionsweise des Marktes erkennen: Die Wahl des Tonabnehmers ist maximale Geschmacksfrage: liebt es der Kunde ultra-analytisch oder doch eher wuchtig mit softer Basszeichnung? Wir haben uns für einen Preisbrecher in der perfekten Mitte entschieden. Denon baut das Moving-Coil- System DL-103 seit Jahrzehnten ohne Streuverluste, bei enorm hoher Qualitätssicherung. Einer von vielen Punkten, der das System für Radio-Sender so interessant machte - es gab faktisch keine Ausfälle, dafür immer einen herrlich aufgeräumten, energiereichen Klang. Denon feiert das System mit einer DL-103 ?R?-Sonderauflage, in dem das Spulenmaterial aus 99,9999-prozentigem Reinkupfer besteht. Ein veredelter Kultklassiker für mehr als angemessene 360 Euro. So manches, deutlich teurere System muss im direkten Vergleich um seine Daseinsberechtigung fürchten. Der berühmte Porsche zum VW-Preis.

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Klangqualität: Zum einen sind wir fasziniert von den mechanischen Qualitäten des Thorens. Zum anderen ist es nicht so leicht, einem reinen Laufwerk einen Eigenklang zu konstatieren. Wie angedeutet: Ein Tonarm, ein Tonabnehmer bestimmen offensichtlicher über die Charakteristik einer guten Vinylreproduktion. Doch das Laufwerk ist entscheidend für den Schub, die Dynamikbereitschaft der Gesamtkombi. Hier geht der TD 160 deutlich strammer zur Sache als sein Ahnherr aus den 70ern mit dem er wenig bis nichts gemein hat. Der alte 160er Thorens neigte zum Lässigen, war ?smooth?. So smooth, dass der Bass mitunter aus der Kontrolle schlurfte. Nichts davon beim neuen TD 160, der ja auch den programmatischen Nachnahmen ?HD? trägt. Wir sollen ?High Definition? denken und hören. Und tatsächlich: Das Klangbild wirkt extrem aufgeräumt, fast die Abkehr von den offensichtlichen ?analogen? Werten. Es gibt nichts Diffuses, die Instrumente eines großen Orchesters erscheinen festgenagelt im Klangbild. Es ist erstaunlich präzise in der Abbildung, aber auch im Nachzeichnen von dynamischen Entwicklungen: alles knorrig, fett-frei, konturenstark. Wenn wir nicht wüssten, dass Thorens eigentlich eine Schweizer Company (Schokolade, Gold) ist, würden wir auf zutiefst preußische Werte tippen (Schwarzbrot, Stahl).
Testergebnisse
Thorens TD 160 HD / Rega RB 250 / Denon DL-103 R- Thorens
- 2.350 Euro
Plattenspieler
Weitere Details75 Prozent
Fazit:Ein Spartaner im Äußeren wie im Inneren: zupackend, dynamisch, auf maximale Analyse gezüchtet.
- Testurteil
- sehr gut
- Preis/Leistung
- gut
- powered by
- HomeVision
Fazit
Ein geradliniger Plattenspieler ? in der technischen Konstruktion wie in den klanglichen Werten. Für wärmelnde Analog-Fans fast eine Spur zu sauber, zu kantig. Der TD 160 HD kommt antrittsstark und unbestechlich daher. In unserer Kombination mit dem Denon-System DL-103 R liebt er die Details, die Analyse komplexer Klangbilder. ?Less smooth?, aber überzeugend straight.