Testbericht
TEST: Apples "Magic Mouse" in der Praxis - Zauber geht flöten
Im Allgemeinen legen die meisten Computer-Nutzer nicht sehr viel wert auf ihre Maus. Um so erstaunlicher war die Ankündigung des US-Herstellers Apple, ein "revolutionäres" neues Eingabegerät entwickelt zu haben. Kann man (oder Apple) die Maus wirklich noch einmal erfinden?

Schon Apples "Mighty Mouse" war mit Ihrem Krümel-Rollball zwischen Mittel- und Zeigefinger eine interessante Variante mit zusätzlichem Nutzen. Der einzige Nachteil ist jedoch, dass sie der unweigerlich auftretende Fingerabrieb neben der Kugel in das Gehäuse eindringt und so relativ schnell die Funktion des Krümel-Balls beendet. Denn die Maus lässt sich nicht einfach öffnen und reinigen.
Das kann bei der "Magic Mouse" nicht passieren. Sie hat fast keinerlei bewegte Teile mehr. Der Unterbau ist komplett aus Aluminium (auch beim Batteriefach!), die Oberseite besteht aus sehr hartem Kunststoff. Das besondere ist die Trackpad-Technik auf der Oberseite. Die Maus erkennt bis zu zwei Finger, die auf der Oberfläche liegen und sich dort bewegen - wie beim Trackpad.
Ein Klickschalter ist jedoch noch eingebaut. Wenn man also mit Zeige- oder Mittelfinger die virtuelle linke oder rechte Maustaste drückt, senkt sich die Oberfläche der Maus einen Millimeter und man hört das "Klick" des Micro-Schalters. Die Anbindung an den Mac erfolgt über Bluetooth. Apple behauptet, dass die Batterie-Laufzeit deutlich optimiert wurde. Dies ließ sich in den wenigen Testtagen allerdings nicht verifizieren. Ein Schalter an der Unterseite erlaubt das Ausschalten der Maus. Sinnvoll vor allem auch, wenn man sie mit einem Notebook zusammen benutzt und in der Tasche transportiert. Einzusetzen sind zwei klassische AAA-Batterie-Zellen (es funktionieren auch solche ohne Apple-Branding).

Für die Anbindung an das Betriebssystem Mac OS X ist eine spezielle Treibererweiterung notwendig. Die neuen iMacs haben das bereits vorinstalliert. Für ältere Rechner hält Apple im Support-Bereich ein Update für die Mac-OS-X-Versionen 10.6.1 und 10.5.8 bereit. Erst mit dem Treiber funktioniert das Scrollen und die neue Fingergesten. Unter Windows mittels Boot Camp war die Maus auch nach Installation alle Apple-Treiber tot, die Bluetooth-Tastatur lief.
Fingergesten
Die Revolution - wie sie Apple sieht - steckt in den Fingergesten. Leider werden nur Ein- und Zweifinger-Gesten unterstützt. Mit drei oder vier Fingern - wie bei den modernen MacBook-Modellen - kann die Maus nichts anfangen.

Möglich sind: Klicken links, Klicken rechts, Scrollen mit einem Finger, den man mittig über die Maus von oben nach unten oder unten nach oben bewegt. Ein weicher Nachlauf lässt sich einstellen (wie beim iPhone). Dies geht auch horizontal. Man kann also den Bildinhalt eines Fensters mit einem Finger beliebig in alle vier Richtungen verschieben.
Setzt man zwei Finger auf die Maus, kann man damit von links nach rechts wischen (und natürlich auch von rechts nach links). Welche Aktion dabei ausgelöst wird, hängt vom Programm ab. Safari wechselt dann eine Seite vor oder zurück, iPhoto in der Diashow blättert durch Bilder. Und das ist es auch schon. Da der Maus seitliche Extra-Tasten fehlen, kann man keine Extra-Aktionen wie Expose oder Dashboard-Ansicht mit der Maus auslösen (es sei denn, man verzichtet auf die rechte Maustaste).
Verglichen mit der Mighty Maus gewinnt man die Doppelfinger-Gesten, verliert aber die seitlichen Tasten-Funktionen.
Ergonomie
Soweit passt das alles, allerdings hat die Maus ein zentrales Problem: Die Oberfläche ist nicht rutschig genug. Wer schon einmal seine Finger auf einem MacBook-Trackpad bewegt hat, weiß, wie unglaublich gut diese über das Trackpad gleiten. Bei der Maus hat sich Apple diese Oberfläche leider gespart. Sind die Finger auch nur wenig feucht (und das sind sie oft), dann kleben sie sehr leicht und rutschen nur schlecht.
Die Folge: Statt mit zwei Fingern zu wischen, verzieht man die Maus. Nun kann man zwar mit Daumen und Ringfinger die Maus einklemmen, damit sie sich nicht bewegen kann, dann lassen sich Mittel- und Zeigefinger aber nur schwer zu einer Wischbewegung überreden. Das ist gar nicht ergonomisch. Das Scrollen mit einem Finger ist davon nicht so stark betroffen, da dann das "Einklemmen" nicht so stark hindert. Durch die beiden Batterien ist die Maus eigentlich schwer genug, um mit den Wischbewegungen klarzukommen - wenn sie nur glatt genug wäre.

Abgesehen davon, ist die "Magic Mouse" ergonomisch sehr gelungen: Sie ist flach, ein echter Handschmeichler und per Software für Links-Händer umschaltbar. Dazu sieht sie sehr elegant aus.
Fazit
Wer mit der "Magic Mouse" nur schieben, klicken, ziehen und scrollen will, bekommt ein Bluetooth-Exemplar, dass alle Vorgänger von Apple deutlich übertrifft. Die Finger-Gesten-Revolution ist allerdings noch nicht vollendet. Die Oberfläche ist dafür nicht rutschig genug. Fans üppig ausgestatteter Mäuse mit vielen Zusatzfunktionen und Tasten werden an der Maus keinen Gefallen finden. So bleibt die Maus ein typisches Apple-Produkt: Provokant, polarisierend, interessant, schick.