Enttäuschende Echtzeit mit wenig Strategie
Die Siedler: Neue Allianzen im Test
In unserem Test zum Strategiespiel Die Siedler: Neue Allianzen fühlen wir dem neuen Ableger der Kult-Reihe von Ubisoft auf den Zahn.

Der Name „Die Siedler“ sorgt bei alteingesessenen PC-Spielerinnen und -Spielern für ein gewisses Kribbeln, genießen die Aufbau-Strategiespiele doch bereits seit dem Seriendebüt im Jahr 1993 Kult-Status.
Über zehn Jahre nach dem Online-Ableger kehrt die Reihe nun mit einem frischen Ansatz auf den Bildschirm zurück. Ob sich das Warten gelohnt hat, klärt unser Die Siedler: Neue Allianzen Test der PC-Version.
Die Story von Die Siedler: Neue Allianzen
Obwohl es in einem Aufbau-Strategiespiel wie Die Siedler: Neue Allianzen meist um die Besiedlung einer neuen Welt und ausdauernde Geplänkel gegen die KI oder andere Spieler geht, hat Entwickler Ubisoft Düsseldorf zumindest versucht, eine Hintergrundgeschichte um den Titel zu stricken.
Die Handlung ist dabei schnell zusammengefasst: drei Völker, die Maru, Jorn und Elari, verschlägt es nach einem Aufstand in eine neue Welt, die es zu bevölkern gilt. Sonderlich komplex fällt die Handlung der Einzelspieler-Kampagne nicht aus und auch sonst hat der Modus nur wenig zu bieten.

Mit 13 Missionen und einer Spielzeit von rund fünf Stunden fällt der Umfang der Kampagne jedoch überschaubar aus. Dabei dient sie eher als ausgedehnte Einführung, die uns mit den grundlegenden Spielmechaniken vertraut machen soll.
Immerhin stellen die missionsbasierten Aufgaben eine nette Abwechslung zum ansonsten vorherrschenden Besiedelungsalltag des Titels dar.
Die Siedler: Neue Allianzen – Wie ist das Gameplay?
Dass die Kampagne kaum Höhepunkte bereithält, ließe sich bei einem ansonsten überzeugenden Gameplay noch verschmerzen. Doch auch hier schwächelt die Die Siedler: Neue Allianzen leider spürbar. Denn das motivierende Aufbau-Spielprinzip, das die Reihe immerhin seit rund 30 Jahren auszeichnet, wurde spürbar entschlackt und auf ein Minimum reduziert.
Unabhängig vom Spielmodus besteht die Aufgabe darin, ausgehend von einer Handvoll Arbeiter und Ingenieure, die eigene Siedlung nach und nach zu vergrößern, neue Bauwerke aus dem Boden zu stampfen und letztlich – auch durch den Einsatz militärischer Streitkräfte – den Sieg zu erlangen.
Damit wir unser Territorium erweitern, neue Gebäude erstellen oder Steinvorkommen erschließen können, sind wir auf die Hilfe von Ingenieuren angewiesen. Diesen Baumeistern wohnen die meisten Funktionen inne, während die normale Bevölkerung in den errichteten Fischer- und Holzfällerhütten oder Steinbrüchen zur Tat schreitet.
Relativ schnell fällt dabei auf, dass die Entwicklerinnen und Entwickler das Spielkonstrukt spürbar entschlackt haben – um es mal positiv zu formulieren. So wurden beispielsweise die Bedürfnisse der Einwohner vollständig gestrichen.
Erbeutete oder gesammelte Nahrung wird lediglich dazu benötigt, die Produktion anderer Bauwerke wie Minen oder Werkzeugfabrik zu erhöhen. Auch die bekannten Fruchtbarkeiten, dank denen gewisse Gebäude nicht einfach überall auf der Karte platziert werden konnten, fehlen im Spiel.
Das zieht sich leider wie ein roter Faden durch das Gameplay von Die Siedler: Neue Allianzen. Fast alles, was dem Aufbau-Strategiespiel in der Vergangenheit Faszination oder Charakter verlieh, glänzt im aktuellen Ableger durch Abwesenheit.

Bauen, auf Rohstoffe warten, weiter bauen. Und dabei natürlich nicht die Ingenieure vergessen, denn sonst geht uns irgendwann unweigerlich der Platz aus. Dass das Spieltempo dabei sehr gemächlich ausfällt, macht die Spielerfahrung leider ebenfalls nicht besser.
Gerade ein den ersten Spielstunden einer Partie im Gefechtsmodus dauert es gefühlt einfach zu lange, bis unsere Waren von der Produktion zur Weiterverarbeitung transportiert werden. Hier schaffen gepflasterte Straße Abhilfe, auf denen Karren die Geschwindigkeit spürbar erhöhen. Die wiederum benötigen aber Steine, die äußerst rar gesät sind.
Die Siedler sind wieder da! | Ubisoft [DE]
Ins Aus manövriert
Die Siedler: Neue Allianzen verstrickt leider zusätzlich in vielen fragwürdigen Designentscheidungen. Unsere ersten beiden Gefechte gegen einen einzelnen KI-Gegner endeten abrupt, als uns kurzerhand die Rohstoffe, allem voran die Steine, ausgingen.
Um an Holz zu gelangen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Darunter das Forstgehege, dass uns einen unbegrenzten Vorrat zur Verfügung stellt. Neben dem nachwachsenden Rohstoff wird für den Bau fast aller Gebäude – sowie für die Rekrutierung neuer Einheiten - aber eben auch Stein benötigt.
Das Problem: Die zwei Steinvorkommen sind binnen weniger Spielminuten abgeerntet. Selbst die Erzvorkommen, für deren Erschließung einmal mehr die Ingenieure zuständig sind, liefern uns nur Kohle und Eisen. Und so stehen wir ohne Rohstoffe dar, können nichts mehr bauen und müssen das Spiel aufgeben.
Hinzu gesellt sich leider eine mitunter katastrophale künstliche Intelligenz der Einheiten. Während man den Ingenieuren ihre Ausbildung zumeist noch anmerkt, immerhin machen sie sich selbstständig an die Arbeit, agieren die militärischen Einheiten nicht sonderlich klug.
Auf unserem Weg zum ersten Steinvorkommen kommen wir an einem Banditenlager vorbei, die überall auf der Karte verteilt sind und uns nach ihrer Einnahme einen nützlichen Bonus liefern. Mitunter verweigern unsere drei Bogenschützen aber kurzerhand ihren Dienst, werden dahingerafft und für neue Einheiten fehlen uns… Steine.

Das ist besonders schade, denn trotz des simplen Spielkonstruktes sind durchaus gute Ansätze erkennbar und auch die Steuerung geht gut von der Hand. Vor allem Genre-Neulinge werden bei den simplen Produktionsketten nicht erschlagen.
Masse statt Klasse: Der Echtzeit-Strategieteil
Die Siedler: Neue Allianzen soll die bekannten Aufbau-Strategieelemente mit einer gehörigen Prise Echtzeit-Strategie mischen. Doch auch hier wirkt das Ergebnis bestenfalls halbgar. Gerade einmal drei verschiedene Standardeinheiten stehen uns im Spiel zur Wahl, hinzu gesellen sich ein paar Spezialeinheiten für die verschiedenen Völker.
Sonderlich viel Positives gibt es zu den Kämpfen leider nicht zu sagen. Militärische Strategien suchen wir im Spiel vergebens. Da der Titel vollständig auf Rangaufstiege, besetzbare Gebäude oder andere strategische Elemente wie ein Schadensbonus, wenn Bogenschützen aus erhöhter Position angreifen verzichtet, gewinnt in den Kämpfen meist derjenige, der mehr Einheiten in die Schlacht schickt.

Immerhin gibt es den einen oder anderen Kniff. Da wäre die Vogelscheuche, die feindliche Angriffe auf sich lenkt oder die Spezialfähigkeiten einiger Einheiten wie ein Sprungangriff oder ein gezielter Pfeil. Deren Auswirkungen fallen dann aber oft zu gering aus und liefern uns kaum einen Vorteil.
In Verbindung mit dem bereits angesprochenen Rohstoff-Problem und dem niedrigen Spieltempo bekommen wir zudem wirklich große Armeen (wir sprechen hier von mehr als zehn Einheiten) erst nach etlichen Spielstunden des Gefechtsmodus oder aber in der Kampagne zu Gesicht.

Das Spiel entfaltet sich einfach viel zu zäh. Im Gegensatz zu einem Genre-Kollegen wie beispielsweise Anno 1800 dauern Spielfortschritte einfach zu lange. Ein, maximal zwei, größere Gebäude entstehen zur selben Zeit und entsteht ein Rohstoff-Engpass, bleibt uns nichts anderes übrig als minutenlang auszuharren und auf Nachschub zu warten.
Fehlende Optionen, ärgerlicher Shop
Für Unverständnis sorgen zudem fehlende Einstellungsmöglichkeiten im Gefechts- und Multiplayermodus. Vor dem Beginn einer Partie legen wir fest, ob wir im 1vs1, 2vs2 oder 4vs4 antreten wollen und entscheiden uns für eine der drei Fraktionen.
Nicht auswählbar sind dabei aber weitere Optionen, die man in gefühlt jedem Strategiespiel mit Multiplayer-Part der letzten 30 Jahre findet. Die Map kann nicht ausgewählt werden, es lassen sich keine Siegbedingungen oder Modifikatoren einstellen und auch die Stärke der KI-Gegner kann nicht angepasst werden. Enttäuschend.

Ein weiteres Ärgernis stellt der In-Game-Shop dar, in dem wir für Echtgeld verschiedene Items erstehen können. Diese sind erfreulicherweise nur kosmetischer Natur und liefern keinen spielerischen Vorteil. Ein fader Beigeschmack bleibt aber dennoch.
Die Siedler: Neue Allianzen – Wie ist die Technik?
Durchaus gut steht es hingegen um die technische Seite von Die Siedler: Neue Allianzen. Zumindest mittlerweile, denn nach einem ersten großen Patch sind viele der zum Release unzähligen Bugs, Abstürze und Grafikfehler von der Bildfläche verschwunden. Auch die oftmals in den User-Reviews beschriebenen Abstürze können wir nicht bestätigen.
Abseits der einen oder anderen hakeligen Animation punktet das Strategiespiel mit hübschen Umgebungen, einer üppigen Flora und detaillierten Charakter- sowie Gebäudemodellen. Vor allem die abwechslungsreichen Bauwerke wissen durchaus zu gefallen. Aber auch hier kann man es hinsichtlich der Qualität nicht mit den bekannten Genre-Größen aufnehmen.

Auch die wenigen eingesetzten Effekte wie Feuer oder Rauch und das Wasser können sich durchaus sehen lassen, zumal der Titel dank moderater Systemanforderungen selbst auf älteren PCs und Gaming-Notebooks ein flüssiges Spielerlebnis ermöglicht.
Die Siedler® - Neue Allianzen – Entwickler-Update | Ubisoft [DE]
Die Siedler: Neue Allianzen – Fazit
Nach der geradezu desaströsen Beta-Version im vergangenen Jahr, hat Entwickler Ubisoft Düsseldorf tatsächlich noch einmal Hand angelegt und Die Siedler: Neue Allianzen in der finalen Version spürbar verbessert. Das Ergebnis ist allerdings leider noch immer weit davon entfernt, ein gelungenes Spiel darzustellen.
Viele der Spielelemente wirken lediglich halbgar und bei genauerer Betrachtung mangelt es sowohl dem Aufbau- als auch dem Echtzeitstrategie-Teil spürbar an Tiefgang. Gut umgesetzt hätte das simplifizierte Spielkonstrukt dem Titel auch gut zu Gesicht gestanden, doch leider hat man dabei vergessen, die entstandenen Lücken sinnvoll zu füllen.
Während der Aufbau der eigenen Siedlung noch durchaus spaßig ausfällt – wenn wir uns aufgrund der Ressourcenarmut nicht gerade in eine Sackgasse manövrieren – fallen besonders die Kämpfe zu langweilig aus.
Für Unverständnis sorgt zudem die Entscheidung, uns im wohl wichtigsten Spielmodus, dem Gefecht, so gut wie keine Einstellungsmöglichkeiten zu bieten. Eine magere Story-Kampagne, stellenweise herbe KI-Aussetzer und das, selbst für ein Siedler-Spiel, viel zu niedrige Spieltempo rauben uns letztlich den Nerv.
Das ist schade, denn prinzipiell sind in Die Siedler: Neue Allianzen gute Ansätze vorhanden. Und wer weiß: Mit viel Feintuning, Balancing-Anpassungen und neuen Inhalten könnte aus dem Strategiespiel vielleicht doch noch ein ganz ordentlicher Titel werden. Aktuell gibt es aber leider nur wenige Gründe, die für einen Kauf sprechen.