Kamera
Canon EOS-1D X Mark II im Test
„Dual Pixel CMOS AF“, GPS, 4K-Video, CFast als schnelles Speichermedium und ein neuer 20-Megapixel-Bildsensor: die Canon EOS-1D X Mark II im Test.

Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin bietet die EOS-1D X Mark II ein klares Plus an Ausstattung: „Dual Pixel CMOS AF“, integriertes GPS, Video mit Cinema-4K-Auflösung und CFast als schnelles Speichermedium. Ist mit dem neuen 20-Megapixel- Bildsensor auch bei der Bildqualität mehr drin?
Gleich zwei Canon-Modelle löst die EOS-1D X Mk II ab: Ihre direkte Vorgängerin EOS-1D X und die auf Videos spezialisierte EOS-1D C. Dementsprechend bietet die II Cinema-4K-Video mit einem Seitenverhältnis von 17:9 und einer Auflösung von 4096 x 2160 Pixeln. Zudem hat die neue Profi-EOS den von der 70D, 80D und 7D Mark II bereits bekannten "Dual Pixel CMOS AF", der den Autofokus im Live-View und beim Filmen verbessern soll. Die Nennauflösung wurde von 18 auf 20 Megapixel moderat erhöht. Das verspricht exzellente High-ISO-Qualitäten wie bei der Nikon D5, ebenfalls mit 20-Megapixel-Sensor. Zugleich setzt die 1D X II - wie die D5 - auf höchste Serienbildleistung mit bis zu 16 B/s für die Sport- und Action-Fotografie. Der Gehäusepreis bleibt mit rund 6.300 Euro 700 Euro unter dem der D5.
Gehäuse und Ausstattung
Am Gehäuse der Kamera hat sich zur Vorgängerin wenig geändert; nur der Gipfel des Sucherhügels zeugt durch eine stufig abgesetzte Kunststoffkappe vom neuerdings eingebauten GPS-Modul. So kann die Kamera Ortsdaten parallel zum Bild aufzeichnen und Uhrzeit wie Datum automatisch einstellen. Das spritzwassergeschützte Metallgehäuse zeigt die bekannte Form mit integriertem Hochformatgriff inklusive einem zweiten Satz an Bedienelementen (Auslöser, Einstellrad, Funktionstaste). Die Kamera liegt gut in der Hand, ist aber mit rund 1,5 kg inklusive Akku und einer CF-Karte etwa 100 g schwerer als eine Nikon D5.

Mithilfe eines kleinen Drehschalters entriegelt man die Klappe des Speicherkartenfachs; darunter gibt es zwei Steckplätze. Der eine ist für herkömmliche CF-Karten gedacht, der zweite für CFast- Karten. Letztere sind etwas dicker und haben eine andere PIN-Belegung als CF-Karten. Während diese eine IDE-Schnittstelle besitzen, arbeiten CFast-Karten nach dem schnelleren CFast-SATA-Protokoll 2.0 mit einem Datendurchsatz von bis zu 600 MB/s, was den großen Datenmengen bei 4K-Videos entgegenkommt.
Sucher und Monitor
Der SLR-Sucher der EOS-1D-X-Modelle gehört mit einer effektiven Vergrößerung von 0,76 zu den größten seiner Art; die Bildfeldabdeckung beträgt 100 Prozent. Die Einstellscheibe Ec-C6 im Lieferumfang der Kamera kann bei Bedarf gegen andere Typen getauscht werden. Gitterlinien lassen sich im Sucher einblenden; ein mittels Hebel zu betätigender Okularverschluss verhindert Lichteinfall und eine dadurch verfälschte Belichtungsmessung beim Fotografieren vom Stativ. Das Dioptrien-Einstellrad ist durch seine Lage unterhalb der abziehbaren Augenmuschel gegen unbeabsichtigtes Verstellen geschützt.

Der 3,2-Zoll-Monitor bietet eine Auflösung von 540.000 RGB-Pixeln und ist touchfähig. Allerdings beschränkt sich die Touch-Bedienung auf den Live-View-Monitor, wo man mit der Fingerspitze AF-Punkte setzen oder die Bildlupe aktivieren kann. Ergänzend zum TFT-Monitor an der Rückseite finden sich - typisch für ein Profigehäuse - zwei weitere LC-Displays. Das an der Oberseite ist mit 40 x 20 mm recht stattlich und informiert über alle wesentlichen Aufnahmedaten, wenn man von oben auf die Kamera blickt. Dem Display zugeordnet sind Tasten für ISO, Weißabgleich, Belichtungskorrektur und Hintergrundbeleuchtung. An der Rückseite findet sich ein schmales LC-Display (42 x 11 mm) mit ergänzenden Informationen etwa zur eingestellten Bildqualität, zur Belegung der Speicherkarten-Slots, Ordner- und Dateinummerierung.
Belichtung und Autofokus
Die Belichtungsmessung übernimmt ein RGB-Sensor mit 360.000 Pixeln; die TTL-Offenblendenmessung arbeitet mit 216 Zonen. Neben der Mehrfeldmessung (mit jedem AF-Feld verknüpft) ist mittenbetonte Messung möglich; die selektive Messung bezieht sich auf 6,2 Prozent, die Spotmessung auf 1,5 Prozent des Gesichtsfelds, wahlweise verknüpft mit AF-Feldern. An Belichtungsprogrammen stehen P, Av, Tv, M bereit. Vollautomatik oder Motivprogramme bleiben außen vor, man vermisst sie auch nicht. Der Verschluss ermöglicht Zeiten bis 1/8000 s.
Der Phasen-AF der 1D X Mark II mobilisiert maximal 61 Messfelder und 41 Kreuzsensoren inklusive 5 Dual-Kreuzsensoren (bei Anfangsöffnung 1:2,8), wobei die effektive Zahl der AF-Felder je nach Objektivtyp bzw. Anfangsöffnung variieren kann. Bei 1:8 stehen noch 21 Kreuzsensoren zur Verfügung. Die Ansprechschwelle des AF-Systems liegt bei -3 EV. Zum Vergleich: Die Nikon D5 schafft bis -4 EV und hat bei der Anzahl der AF-Punkte (153 Felder, 99 Kreuzsensoren) die Nase vorn. Die gemessene Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit beträgt rund 0,3 s - etwa wie bei der Nikon.

Neben Messfeldautomatik bietet die EOS Möglichkeiten der AF-Feldkonfiguration. Bei Einzelfeld- bzw. Spot-AF lässt sich jeder der 61 AF-Punkte anwählen. Bei Messfelderweiterung zieht die Kameraelektronik zum ausgewählten AF-Feld bis zu acht angrenzende Messfelder heran. Wie bei Einzelfeldmessung kann man auch hier das Messfeld manuell anwählen; die jeweils benachbarten Felder wählt die Kamera automatisch. Varianten sind manuelle Zonenwahl (Messfeldgruppierung) und "AF-Messfeldwahl in großer Zone". Eine Spezialität ist "EOS iTR AF", zuschaltbar bei AF-Feldautomatik, AF-Feldwahl in Zone und großer Zone: Dabei werden zur Fokussierung auch Gesichter- und Farbinformationen zur Abstandsmessung herangezogen.
Im Live-View-Modus profitiert die Canon vom "Dual-Pixel-CMOS-AF", der 80 % der Sensor-Pixel für die Phasen-Detektion nutzbar macht. Damit wird eine AF-Zeit von rund 0,5 s erreicht, was für eine SLR-Kamera im Live-View ein passabler Wert ist. AF-Varianten sind Gesichtserkennung/- verfolgung sowie manuelle Einzelfeldwahl (FlexiZoneAF). Sehr praktisch ist der Touch-AF. Er lässt sich nicht nur bei der Standbildfotografie, sondern auch beim Filmen zur schnellen Schärfeverlagerung zwischen Vorder- und Hintergrund verwenden. Der kontinuierliche Autofokus arbeitet beim Filmen auch mit einem USM-Objektiv (hier das Canon EF 2,8/24-70 mm) erfreulich präzise. Für Video-Enthusiasten interessant ist auch die Möglichkeit, in Full-HD (1920 x 1080 Pixel) bis zu 120 Bilder pro Sekunde aufzunehmen. So gelingen starke Zeitlupen.
Performance und Bedienung
Bei Serienbildern hat die 1D X Mark II gegenüber der Nikon D5 die Nase leicht vorn: Laut Canon schafft die EOS 14 B/s bei kontinuierlicher Belichtungs- und Schärfenachführung, zwei mehr als die Nikon, und bis zu 16 Bilder im Live- View. Die Labormessung ergab maximal 15,3 B/s (JPEG/RAW) mit einer CF-Karte vom Typ SanDisk Extreme Pro (UDMA7, 160 MB/s). Bei JPEGs setzte nur die Speicherkapazität der CF-Karte Grenzen, während im RAW-Modus 80 Bilder in Folge möglich waren. Für CFast-Karten gibt Canon die doppelte Anzahl möglicher Serienbilder an.
Statt eines eingebauten WLAN-Moduls bietet Canon den Wireless File Transmitter WFT-E8 an; alternativ kann das WFTE6 der Vorgängerin eingesetzt werden. Mit Kabel erlaubt die 1D X Mk II schnelle Datenübertragung dank USB-3.0-Schnittstelle und Netzwerkanschluss (RJ-45, Gigabit-Ethernet-kompatibel).

Profi-Kameras wie die EOS-1D X Mk II verfügen über eine ausufernde Funktionsvielfalt, die es zu bändigen gilt. Auf essentielle Aufnahmefunktionen hat man direkten Zugriff über Einstellräder und diverse Funktionstasten, zum Teil doppelt vertreten für das Fotografieren im Quer- und Hochformat. Besondere Erwähnung verdient das große Daumenrad mit zentraler Bestätigungstaste (Set) an der Rückseite in Kombination mit den beiden Joysticks. Beim Verschieben von AF-Punkten möchte man diese nicht mehr missen, zumal sie auch diagonales Verschieben erlauben. Als i-Tüpfelchen erweist sich ihre Druckfunktion: draufdrücken, und ein verschobenes AF-Feld rückt wieder in die mittige Ausgangsposition. Über die Q-Taste aktiviert man den Schnelleinstellmonitor, mit dem Joystick wechselt man von einem Funktionsfeld zum nächsten, wo man mittels Einstellrad oder über ein Untermenü tätig werden kann.
Bildqualität
Im Vergleich zur Vorgängerin zeigt sich die EOS-1D X Mk II dank erhöhter Nennauflösung und neuem Doppelprozessor (Dual Digic 6+) in fast allen, die Bildqualität betreffenden Kriterien überlegen: Der Zugewinn an Grenzauflösung beträgt bis etwa 200 LP/BH. Bis ISO 1600 werden Werte um 1700 LP/BH erreicht, und selbst bei ISO 6400 sind noch immer knapp 1600 LP/BH drin. Ungewöhnlich: Die Dynamik steigert sich von rund 9 Blenden bei ISO 100/400 auf Werte um 10 Blenden zwischen ISO 800 und 3200. Das Rauschen hält sich bis ISO 3200 in engen Grenzen; die VN-2,0-Marke wird erst bei ISO 6400 erreicht. ISO 800 könnte man - bei minimalen Detailverlusten - als Standard-Einstellung verwenden.
Mit der Nikon D5 liegt die EOS-1D X Mark II auf allen gemessenen ISO-Stufen gleichauf. Im Vergleich zum Schwestermodell mit 24-Megapixel-Sensor, der EOS 5D Mark III, ist das neue Profimodell Punktsieger bei der Bildqualität.
Fazit
Die EOS-1D X Mk II ist Canons Antwort auf die Nikon D5. Beide Modelle sind maßgeschneiderte Werkzeuge für professionelle Sport-, Action- und Reportage- Fotografen - äußerst robust und schnell. In Summe bietet die EOS noch mehr Ausstattung, einen für Live-View und Video optimierten Autofokus ("Dual Pixel CMOS AF"), dazu die noch höhere Videoauflösung mit 60 B/s. Unterm Strich dürfte die neue EOS also am ehesten einen Video affinen Nikon-Fan ins Canon- Lager ziehen können. Wer in erster Linie Standbilder fotografiert, ist trotz des kleinen EOS-Vorteils beim Serienbildtempo mit der Nikon keinesfalls schlechter bedient, zumal sich beide Kameras bei der Bildqualität - auch in höheren ISO-Regionen - auf Augenhöhe treffen.