Martin Scorseses nächstes großes Mafia-Drama
"The Irishman": Kritik zum Mafia-Epos auf Netflix
In The Irishman führt Martin Scorsese einen starbesetzten Cast um Robert De Niro und Al Paciono ins Feld. Kann der neue Netflix-Film überzeugen?

Nachdem Martin Scorsese sich mit Gangsterfilmen wie Good
Fellas, Casino und Departed in Hollywood unsterblich machte, bringt der New
Yorker Filmemacher nun mit The Irishman auf Netflix sein nächstes (und vermutlich
letztes) großes Gangster-Epos ins Heimkino.
Dabei erzählt Scorsese in The Irishman nicht nur die Geschichte von Frank Sheeran (Robert De Niro) und dessen Aufstieg vom einfachen Kleinkriminellen in den 1950er Jahren zum gefürchteten Mafia-Killer, sondern ebenso den langsamen Verfall aller mächtigen Männer, die sich in dieser Zeit durch skrupellose Gewalt an die Spitze der Nahrungskette setzten.
Bild und Ton
Technisch bietet der Netflix-Stream von The Irishman mit 4K Auflösung und dem
dynamischen Bild-Verbesserer Dolby Vision richtig gute Qualität. Das zum Teil
auch in 8K aufgenommene Bildmaterial besticht dabei besonders durch seine
Schärfe, Bildruhe und die guten Kontraste.
Auch die im Vorfeld oft zu hörende Kritik an der technischen
Umsetzung, den Cast um Robert De Niro und Al Pacino in den verschiedenen Zeitepochen
abzubilden, erweist sich als ein gutes Stück zu heiß gekocht. Natürlich sieht
eine Gruppe Mit-Siebziger auch mit etwas Schminke nicht mehr aus als käme Sie
frisch von der Uni. Die verschiedenen Zeitachsen in The Irishman sind dennoch gut voneinander
zu trennen und die jüngeren Versionen der Darsteller sehen immerhin nicht wie
am Computer zusammengebastelte CGI-Klone ihrer Selbst aus.

Beim Ton gibt es 3D Sound mit Dolby Atmos dann zwar leider nur auf der englischen Tonspur auch der deutsche Sound bietet aber immerhin durchgehend gute Dynamik.
Alte Männer, die vor Scherben stehen
Im Gegensatz zur technischen Umsetzung macht Scorsese einem
das Leben in Sachen Story ein gutes Stück schwerer. Nicht nur walzt er seine
Gesichte auf satte 210 Minuten Spielzeit aus, im Gegensatz zu seinen anderen
Gangster-Epen hält man sich mit Action bei The Irishman ebenso vornehm zurück
wie mit einem übergeordneten Spannungsbogen.
Das liegt wesentlich auch daran, dass Scorsese das Leben
seiner Figuren (dieses Mal) bewusst nicht als faszinierend oder gar lohnend
darstellt. All diese machtgierigen, skrupellosen Männer die nur die Zerstörung
ihrer Feinde kennen, stehen letztendlich vor einem gescheiterten Leben oder
landen im Grab bevor sie ihren unausweichlichen Niedergang miterleben können.
Irishman Trailer
Scorsese gelingt es glücklicherweise, all diese Tragik mit
genug Humor zu unterfüttern, um seine Zuschauer nicht sofort in die Depression
zu stürzen. Zudem ist der Mann als Regisseur einfach immer noch zu gut, als dass
er mit seinem ausladenden Gangster-Drama ernsthaft in Gefahr geraten würde, Schiffbruch
zu erleiden.
Fazit
The Irishman ist ein riesiger Brocken an Film, über den
Verfall von Männern, die am Schluss das Leid ernten, das sie selbst gesät
haben. Dafür braucht man als Zuschauer Geduld, Aufmerksamkeit und eine Menge
Sitzfleisch, erhält dann aber auch ein konsequentes und unbedingt sehenswertes
Mafia-Film-Monument.