Reisepazz geckrackt
Teil 2: Sicherheitsrisiko RFID-Chips?
- Sicherheitsrisiko RFID-Chips?
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RFID steht für "Radio Frequency Identification" (Radiofrequenz-Identifikation). Diese Technologie ermöglicht es, Daten über eine kurze Distanz mit Hilfe von Radiowellen berührungslos zu übertragen und Objekte dadurch eindeutig zu identifizieren. Dazu wird ein winziger Computerchip mit Antenne, ein Transponder, zum Beispiel auf ein Ticket geklebt, in ein Etikett eingefügt oder in eine Plastikkarte integriert. Auf dem Chip sind die Daten gespeichert, zum Beispiel ein eindeutiger Nummerncode wie der Elektronische Produktcode (EPC) der Konsumgüterindustrie. In einer Datenbank sind weitere Informationen zur Bedeutung der Ziffern hinterlegt: Herstellungsland, Hersteller, Produktname, Packung, Versions- und Seriennummer.

Geräte zum Auslesen dieser Informationen erzeugen ein elektromagnetisches Feld und aktivieren damit den Transponder, der daraufhin den Zahlencode sendet. "Jedes Stück lässt sich exakt identifizieren und zurückverfolgen. Heute müssen ganze Chargen zurückgerufen werden, wenn einzelne Produkte fehlerhaft sind", erklärt Hartmut Pohl, Professor für Informationssicherheit an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg (siehe Interview), "Die Speicherkapazität ist unterschiedlich.
Die Eintrittskarten der Fußball-Weltmeisterschaft können 4000 Zeichen aufnehmen. Für den Elektronischen Produktcode, der Waren eindeutig kennzeichnet, reichen dagegen nur 12 Zeichen beziehungsweise 96 Bit Länge aus. Das schafft auch ein Billigtransponder."
Nach dem Willen von Industrie und Handel sollen RFID-Etiketten den bisher bekannten Barcode ersetzen: "Beim Barcode musste das Lesegerät auf Sichtweite herangeführt und die Ware gedreht werden, bis der Strichcode sichtbar ist", beschreibt Sicherheits-Professor Pohl den Unterschied, "Zudem lassen sich zusätzliche Informationen auf die RFID-Transponder schreiben, das geht beim Barcode nicht so elegant. RFID ermöglicht intelligentere Automatisierungen der Logistik und das Einsparen von Arbeitskräften." Bis 2007 wollen 40 Prozent der Konsumgüterunternnehmen in den USA RFID im Einsatz haben.
Die Fußball-Weltmeisterschaft ist das Einfallstor für RFID in Deutschland. Allerdings ist die Technologie schon heute weltweit massenhaft im Einsatz, von vielen Verbrauchern nahezu unbemerkt. In der Universitätsklinik Jena werden die Patienten auf der Intensivstation mit RFID-gekennzeichneten Medikamenten beliefert, um Vertauschen oder Verwechseln zu verhindern. Bibliotheken wie die Wiener Hauptbibliothek, die Vatikan-Bücherei, aber auch die Stadtbibliothek in Stuttgart kennzeichnen ihre Bücher mit RFID-Tags, die Diebstähle verhindern und die Ausleihe beschleunigen sollen. Norditaliensche Milcherzeuger schützen ihren Parmesan mit RFID-Labels vor Fälschungen und in Schlüsseln von Sixt-Leihwagen ist ein Funkchip eingebaut, der Fahrzeugtyp, -nummer und -farbe speichert. Aber auch in Nahverkehrs-Tickets von Hong Kong bis Hanau oder in Skipässen alpinerSportgebiete steckt RFID, ermöglicht Bezahlen "im Vorbeigehen" und Abbuchung vom Kartenkonto - und sogar im neuen deutschen Reisepass dient ein RFID-Chip als Datenspeicher.
Mehr als 90 Prozent der CeBIT-Besucher in diesem Jahr waren davon überzeugt, dass sich RFID durchsetzen wird. Und die Marktforscher der Gartner Group gehen davon aus, dass sich die Investitionen in diese Technologien in den kommenden fünf Jahren mehr als versechsfachen - auf weltweit mehr als drei Milliarden US-Dollar im Jahr 2010. Der Weltmarkt für RFID soll nach einer Studie der Deutsche Bank Research bis dahin sogar auf 22 Milliarden Euro steigen - von 1,5 Milliarden 2004. Branchenkenner erwarten, dass die Kosten pro Chip dann bei nur noch etwa einem Cent liegen werden. Visionen von einem "Internet der Dinge" mit Milliarden vernetzter und funkender Chips und Sensoren werden damit immer wahrscheinlicher.