Report
Pokémon GO Bots und Cheats: Freie Bahn für Schummler?
Hacker schicken eine Welle von Pokémon GO Bots ins Rennen. Niantic sieht den Cheatern bisher scheinbar tatenlos zu. Das könnte sich rächen.

Nachdem bereits mehrere Pokémon GO Hacks existierten, die Spielern den aktuellen Standort gesuchter Pokémon verraten, kommt nun die nächste Schummel-Welle: Pokémon GO Bots. Diese Cheat-Tools nutzen nicht Smartphones mit Android oder iOS, sondern simulieren am PC einen normalen Spiel-Account. Dieser kann jedoch mit Fake-GPS und direkten API-Zugriffen auf die Pokémon-GO-Server automatisiert auf Monsterjagd gehen - und ist dabei deutlich effektiver als menschliche Spieler.
Pokémon GO Bot als simples Windows-Tool
Pokémon GO Bots gibt es mittlerweile mehrere. Während etwa das GitHub-Projekt NecroBot einen Open-Source-Ansatz verfolgt, versucht es mit MyGoBot bereits der erste Anbieter, sein Cheat-Tool kommerziell auszunutzen. 4,95 US-Dollar verlangen die Entwickler hier für einen Bot, der als Windows-Programm daherkommt und automatisch alles erledigt, wofür Pokémon-Trainer sonst viele Kilometer zurücklegen müssen: Pokémon fangen, Pokéstops farmen und Eier ausbrüten.

Gerade in dicht besiedelten Gegenden und an Hotspots wie dem New Yorker Central Park sind auf diese Weise schnelle Level-Aufstiege möglich. Wir haben von einem Spieler erfahren, der versuchsweise mit diesem MyGoBot Pokémon GO Bot drei Accounts auf Level 24 hieven konnte. Daran arbeiten menschliche Spieler oft viele Wochen. Und sie sind dann zu recht gefrustet, wenn diese durch Cheaten hochgelevelten Bot-Accounts eine Arena nach der anderen einnehmen.
Bestätigt werden diese Berichte von Kyle Orland vom US-Techportal Arstechnica. Er gibt an, in Tests mit dem Bot etwa 50.000 Erfahrungspunkte pro Stunde gesammelt zu haben. Innerhalb nur eines einzigen Nachmittages, an dem das Bot-Tool im Hintergrund auf seinem PC lief, habe er so einen Account auf Level 15 gebracht. Auch die höheren Level seien so nur eine Frage von wenigen Tagen.
Niantic macht es den Hackern leicht
Wie konnte es dazu kommen? Bereits Live-Karten wie PokéVision haben gezeigt, wie leicht es möglich ist, unberechtigt Spiel-Daten von den Niantic-Servern abzurufen. Die Bots gehen einen Schritt weiter. Die meisten von ihnen nutzen wohl eine auf Github erhältliche, inoffizielle Pokémon GO Client API, die Zugriff auf alle wichtigen Funktionen bietet.
Diese inoffizielle Pokémon-GO-API haben findige Entwickler aus der Android-APK rekonstruiert - oder wie es in der Fachsprache heißt: reverse engineered. Wie leicht das ging, erläutert das französische Entwicklerstudio Applidium in einem Blogpost. Demnach habe der Pokémon-GO-Entwickler Niantic Labs den Cheatern wenige Steine in den Weg gelegt, denn die Kommunikation zwischen Server und Spieler lasse sich leicht abfangen und manipulieren.

Bisher kaum Reaktion von Niantic
Ob PokéVision oder nun die Bots - all diese Hacks verstoßen gegen die offiziellen Nutzungsbedingunen von Niantic Labs. Doch bisher scheint der Spiele-Entwickler noch zu sehr mit den Server-Problemen beschäftigt zu sein. Konsequente Schritte gegen Cheater sind bisher nicht zu beobachten.
Lediglich von Soft-Bans wird berichtet, also von einer Strafe von einer oder mehreren Stunden Spiel-Ausschluss. Diese wird automatisch vergeben, wenn ein Spieler innerhalb kürzester Zeit die Position stark verändert und etwa zwischen zwei Kontinenten hin und herspringt. Gut gesteuerte Bots sind davon wohl nicht betroffen.
Die nun anlaufende Bot-Welle jedoch wird Niantic zum Einschreiten zwingen - denn sie bedroht das Geschäftsmodell. Wer will schon Geld für Glücks-Eier und Co. ausgeben, wenn ein Bot mal eben an einem Tag Level 25 macht - und noch alle Belohnungen kassiert?
Auch beim Vorgänger-Spiel Ingress hatte Niantic schon mit Bots zu kämpfen. Die Maßnahmen hatten gemischten Erfolg. Man kann nur hoffen, dass die Entwickler die Problematik bei Pokémon GO ernster nehmen und mit den nächsten Updates Map-Hacks, Bots und Cheats verhindern oder zumindest erschweren.
Unsere Position zum Thema Cheats
Was ist noch eine Spielhilfe - was ist schon ein Cheat? Wir finden: Alles was (mit viel Aufwand) auch mit Papier und Stift erledigt werden kann, darf als Spielhilfe gelten. Dazu zählen wir zahlreiche Hilfe-Apps für Android und iOS oder etwa die crowdgesourcte Pokémon-Map, auf der Spieler ihre Pokémon-Fundorte eintragen. Was darüber hinaus geht - etwa PokéVision -, zählt in unseren Augen jedoch als Schummelei und sollte von Niantic entsprechend sanktioniert werden.
Wir raten: Rauben Sie sich (und den anderen Spielern) durch Cheats nicht die Freude am Spiel. Denn wirklich Spaß macht Pokémon GO nur draußen, wenn man sich bewegt, die Pokémon suchen muss und sich dann über Überraschungen und Erfolge freuen kann.