Verkaufen verboten
Knebelverträge beim Download
Kunden, die Software per Download kaufen, dürfen diese unverständlicherweise oft nicht weitergeben, im Gegensatz zu DVD-Kunden. Wir nehmen die Knebelverträge der Anbieter unter die Lupe.


Sie kaufen am Kiosk ein Monatsmagazin und geben einem Freund das ausgelesene Heft. Im Zug freuen Sie sich über eine liegen gebliebene Zeitung eines Mitreisenden oder Sie leihen einem Freund übers Wochenende eine Musik-CD. Niemand kann Sie daran hindern. Laden Sie hingegen eine Zeitschrift als kostenpflichtiges eBook aus dem Netz oder kaufen Sie Musik als Download, versucht die Industrie, Ihnen eine weitere Second-Hand-Nutzung zu verbieten.
Ein Beispiel sind die Nutzungsbedingungen der Online-Zeitschrift Spiegel Digital: www.spiegeldigital.de. Diese sehen in Punkt 5 vor: Das Archiv auf Ihrem Rechner darf für Dritte nicht zugänglich sein. Es ist verboten, den Beitrag zu kopieren oder diese Webseiten auszudrucken. Der Nutzer sei dazu nur zu privaten Zwecken bzw. zu eigenen Informationszwecken berechtigt.
Er dürfe die abgerufenen Beiträge ausschließlich zum eigenen Gebrauch nutzen. Für alle weiteren Nutzungen, wie die Archivierung, die Überlassung an oder die Verarbeitung durch Dritte für eigene oder fremde Zwecke, verlangt Spiegel Online die vorherige, schriftliche Zustimmung.
Besteht für Sie ein Unterschied, ob auf dem Küchentisch die kopierte Seite vom Magazin Der Spiegel oder der Ausdruck des ePapers liegt? Bereits im Juli 2006 nahm eine Studie des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) "Verbraucherschutz bei digitalen Medien" diese Verbote kritisch unter die Lupe. Die Verbraucherschützer mahnten Spiegel Online ab. Geändert ist die Klausel bis heute nicht.
Computerspiele - secondhand tabu?
Mit dem Computerspiel HalfLife2 von Valve beschäftigte sich das Landgericht Hamburg. Das Spiel ist im Handel auf DVD erhältlich, spielen können Sie es nur mit einem zusätzlichen Account im Internet, dem so genannten Steam.
Sie müssen sich auf der WebSite registrieren und mit den Nutzungsbedingungen einverstanden erklären, u.a.: "Es ist Ihnen untersagt, Ihr Benutzerkonto zu verkaufen, für dessen Nutzung Geld zu verlangen oder es anderweitig weiterzugeben." Wenn Sie keine Lust mehr auf das Spiel haben, dürfen Sie es nicht weitergeben. Unzulässig - nach Ansicht der Autorin.
Das Landgericht Hamburg war anderer Ansicht, als es am 28. September 2007 das Urteil verkündete (AZ: 324 O 871/06): Das Verhalten des Unternehmens sei in Ordnung. Der Kunde erwerbe mit der DVD keinenD atenträger, auf dem selbstständig nutzbare Programme gespeichert seien. Der Kunde erhalte lediglich einer Eintrittskarte vergleichbar eine Zugangsmöglichkeit zu einem über das Internet erreichbaren Programm, über die er an einem Spiel teilnehmen kann. Die Verpackung weise den Kunden darauf hin.
Es sei nachvollziehbar, dass Valve kontrollieren möchte, wer auf die Programme Zugriff hat und das Geschäftsgebaren benachteilige den Kunden nicht unangemessen, sondern schütze ihn sogar. Denn Dritte könnten das Spiel nicht durch unkontrollierten Zugriff manipulieren oder stören. Der Kläger, der VZBV legte gegen das Urteil Berufung ein.
Secondhand-Grauzone für Download-Content
Computerspiele, Software, eBooks, Musik oder Filme auf einem Datenträger wie DVD oder CD können Sie an Dritte verkaufen. Aber es muss der Originaldatenträger sein und Sie dürfen keine Kopien zurück behalten. Weitergabeverbote für Downloads von Musik, eBooks oder Software stehen vor Gericht auf wackligen Füßen. Rechtssicherheit hat derweil niemand - weder Verbraucher noch Unternehmen.
Die Studie "Verbraucherschutz bei digitalen Medien" kam 2006 zu dem Ergebnis: Bei digitalen Medien sind Verbraucher nahezu ohne Rechte und kritisierte die Rechtsunsicherheit: Link. http://www.vzbv.de/mediapics/anlage_pm_digitale_medien_06_2006_copy.pdf Weitere Informationen: Informationsportal zum Urheberrecht http://www.irights.info Initiative für mehr Verbraucherrechte in der digitalen Welt: http://www.consumersdigitalrights.org
Vorsicht Upgrade-Falle

Auch Microsoft versucht in seinen Windows- Vista-Lizenzbedingungen dem Kunden ein Weitergabeverbot beim Online-Upgrade auf eine höhere Version aufzuzwängen. Erfreulicherweise wird Microsoft ab dem 20. Februar 08 den Online-Versand von Lizenzschlüsseln für die Anytime-Upgrade Lizenzen einstellen.
Ein weiterer Fall waren die Nutzungsbedingungen von Ciando, einem Internetshop für eBooks. Der Käufer erhält dort das eBook per E-Mail und Ciando verbat dem Kunden, den Content weiter zu verkaufen. Nachdem der VZBV das Unternehmen abmahnte, ist das Verbot im Kleingedruckten gestrichen. Im Vergleich zur analogen Welt sind die Nutzerrechte in der digitalen Welt um ein Vielfaches beschränkt.
Der digitale Fortschritt schränkt die Nutzerrechte immer weiter ein. Der Bundesgerichtshof entschied im Jahr 2000 in der OEM-Entscheidung: "Könnte der Rechtsinhaber, wenn er das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur Veräußerung gegeben hat, noch in den weiteren Vertrieb des Werkstücks eingreifen, ihn untersagen oder von Bedingungen abhängig machen, so wäre dadurch der freie Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert."
Damals ging es um OEM-Software, die zusammen mit Hardware verkauft wird. Das Urteil greift zurück auf den so genannten Erschöpfungsgrundsatz im Urheberrecht. Dieser bewirkt, dass Sie als Käufer von urheberrechtlich geschützten Produkten vor dem Weiterverkauf nicht jedes Mal den Urheber um Erlaubnis bitten müssen. Das Mitspracherecht erschöpft sich zu dem Zeitpunkt, in dem er die konkrete Musik-CD erstmals in der Europäischen Union verbreitet. Danach ist dieses konkrete Exemplar frei handelbar.

Eindeutig gilt dieser Grundsatz für so genannte verkörperte Werke, wie Bücher, Software oder Computerspiele auf DVD oder CDs. Für online übertragenen Content, wie eBooks, Musik oder Software gibt das Gesetz leider keine eindeutige Antwort. Es ist umstritten, ob der Erschöpfungsgrundsatz in diesen Fällen anwendbar ist.
Wäre er nicht anwendbar, wären Downloads von Software, Musik, eBooks dauerhaft an den Ersterwerber gebunden. Unternehmen nutzen diese Gesetzeslücke und schüchtern Kunden mit Verboten ein, die mangels höchstrichterlichem Urteil keinesfalls wasserdicht sind.
Es gibt nur einen Grund, online übertragenen digitalen Content anders zu behandeln. Es dient letztendlich nur dem Interesse der Industrie, die Kontrolle über die Werke zu behalten und so weit als möglich finanziell auszubeuten. Genau dies soll der Erschöpfungsgrundsatz aber verhindern. Trotz zweier Novellen innerhalb kürzester Zeit hinkt das Urheberrecht der technischen Innovation seit Jahren weiter hinterher. Zeit also für den Frühjahrsputz - für antiquierte Gesetze.