Office für Puristen
IBM Lotus Symphony
Mit Lotus Symphony hat IBM ein kostenloses Office-Paket im Programm. Wir haben für Sie getestet, was die Beta des Büropakets leistet und für wen sich der Einsatz lohnt.

Den Ansatz eines kostenlosen Office-Pakets haben in jüngster Vergangenheit viele Anbieter gewählt. Großspurig wird dabei Microsofts Office-Paket der Kampf angesagt und die Vorteile freier Software werden gepriesen. Nach Google und Co. ist jetzt IBM mit einer neuen Office-Suite an den Start gegangen: Lotus Symphony. Als Entwicklungsgrundlage dient OpenOffice.org, an dessen Entwicklung sich IBM zukünftig aktiv beteiligen will.
Von OpenOffice.org ist bei Lotus Symphony optisch nicht mehr viel zu erkennen, die optisch aufgewertete Oberfläche soll die Alltagsarbeit erleichtern. Es gibt eine Sidebar, in der die wichtigsten Eigenschaften und Elemente direkt angezeigt und geändert werden. Gegenüber OpenOffice.org wirkt die Oberfläche tatsächlich benutzerfreundlich. Mit dem radikalen Oberflächenwechsel in Microsofts Office 2007 ist das Facelifting von OpenOffice.org aber nicht zu vergleichen. Eine konfigurierbare Werkzeugleiste und ein Dateimenü sind nach wie vor vorhanden.
Textverarbeitung
Die Textverarbeitung von Lotus Symphony ist trotz sichtbarer Modernisierungen jedem Benutzer von Microsoft Word oder OpenOffice.org sofort vertraut. Texte lassen sich einfach schreiben, bearbeiten und verändern. Über die Sidebar können Sie Schriftart, Schriftgröße und andere Einstellungen sofort verändern. Auch Absatz- und Seitenformatierungen stehen in der Sidebar zur Verfügung.
Wirklich praktisch erweist sich die Sidebar aber nur auf einem großen Monitor, ansonsten wird das Sichtfeld in der Textverarbeitung zu stark eingeschränkt. Dann ist es praktisch, dass die Sidebar abnehmbar ist und sich auch an anderer Stelle auf dem Bildschirm platzieren lässt. Ergänzt wird die Sidebar durch die von Browsern bekannte Tab-Technologie, mit deren Hilfe mehrere Dokumente in einem Fenster direkt mit einem Mausklick zugänglich sind. Das Öffnen mehrerer Fenster gleichzeitig gehört so der Vergangenheit an.

Als Dateiformat kommt standardmäßig OpenDocument (ODT) zum Einsatz. Alternativ kann auch im DOC- oder RTF-Format gearbeitet werden, wobei sich andere Formate nicht als Standarddateityp einstellen lassen. Nicht unterstützt wird zudem das neue Dateiformat von Microsofts Office 2007. Optional können Sie aus Ihren Text-Dokumenten auch direkt ein PDF-Dokument erstellen.
Die grundsätzlichen Probleme von OpenOffice.org im Bereich der Textverarbeitung löst auch Lotus Symphony leider nicht. Eine hundertprozentige Kompatibilität zu Microsoft-Formaten steht nach wie vor nicht zur Verfügung. IBMs Ziel, das OpenDocument-Format zum echten Standard zu machen, ist zwar durchaus löblich, löst die bestehende Kompatibilitätsproblematik zu Microsofts Word jedoch nicht. Die Darstellung von OpenDocument-Dateien erfolgt in Symphony übrigens 1:1 im Layout, wie unter OpenOffice.org. Kompatibilitätsprobleme beim Layout treten nur sehr selten auf.
Tabellenkalkulation
Ähnlich übersichtlich wie die Textverarbeitung präsentiert sich auch die Tabellenkalkulation. Deren Handhabung ist sofort verständlich und sollte im Praxiseinsatz zunächst wenig Probleme bereiten. Auch im Detail stellt die Tabellenkalkulation einen akzeptablen Funktionsumfang zur Verfügung. Makros können leicht aufgezeichnet und wieder abgerufen werden. Ähnlich der Textverarbeitung zeigt aber auch die Tabellenkalkulation die typischen Nachteile, die schon OpenOffice.org hat: Dazu zählt die mangelnde Kompatibilität von Makros und Skripten aus Excel. Wer auf deren Einsatz nicht verzichten kann, kommt leider nach die vor nicht an den Microsoft-Lösungen vorbei.
Präsentationsprogramm
Durchaus positiv stellt sich auch das Präsentationsprogramm von Lotus Symphony dar. Der grundlegende Funktionsumfang ist angemessen und stellt prinzipiell alle wichtigen Funktionen zur Verfügung. Das Erstellen ansprechender Präsentationen erweist sich somit als problemlos, zeigt gegenüber dem Defacto-Standard PowerPoint und auch OpenOffice.org aber dennoch eine ganze Reihe von Nachteilen. Die Anzahl der Layoutvorlagen ist sehr gering - von einer konkurrenzfähigen Präsentationssoftware wäre hier mehr zu erwarten. Ähnlich spartanisch präsentieren sich die zur Verfügung stehenden Animationseffekte.

Zusatzkomponenten
Dass Lotus Symphony keinesfalls als vollständiges Pendant zu OpenOffice.org gedacht ist, können Sie schon daran erkennen, dass längst nicht alle dessen Komponenten in Lotus Symphony integriert wurden. Auf den Formeleditor oder das Zeichenprogramm wurde zum Beispiel verzichtet.
Fazit
Lotus Symphony als vollwertige Konkurrenz zu Microsofts Office oder auch OpenOffice.org zu betrachten, wäre sicherlich vermessen. Interessant ist Symphony vielmehr für Anwender, die ein Office-Paket suchen, welches sich nahtlos in die Welt der IBM-Lösungen einbindet, oder ein kompaktes, nicht überladenes, kostenloses Office.
Der aktuellen Beta-Version muss man sicherlich noch gewisse Anfangsprobleme zugestehen. Dennoch, gerade an inhaltlichen Komponenten für die grafische Gestaltung von Diagrammen, Präsentationsvorlagen und auch an Effekten sollte IBM noch einmal kräftig zulegen. Anwender, die zuvor nicht auf Microsoft spezifische Formate oder Excel Makros verzichten konnten, werden in jedem Fall weiterhin keine echte Alternative zur Verfügung haben. Anwender, die eine freie Office-Lösung mit möglichst großem Funktionsumfang suchen, sollten weiterhin bei OpenOffice.org bleiben. Die derzeit noch bessere Performance von OpenOffice.org ist ein weiteres Argument für das Gratis-Büropaket.

Mit Lotus Symphony ist IBM sicher nicht der große Wurf gelungen. Einige Verbesserungen an der Oberfläche würden aber auch OpenOffice.org gut zu Gesicht stehen - insbesondere die praktische Tab-Ansicht mehrerer Dokumente.