Recht

Google Street View

16.11.2010 von Redaktion pcmagazin

Google Street View mit seiner 360-Grad-Rundumsicht ist in aller Munde - besonders wegen der oft geäußerten Kritik. Welche Auswirkungen hat Google damit auf das künftige Verhalten von Fotografen?

ca. 2:45 Min
Ratgeber
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© colorfoto

Zur Erbringung des StreetView-Dienstes fotografiert Google Straßen, Plätze und Sehenswürdigkeiten mit Hilfe einer auf Google Street View-Autos montierten speziellen Kamera Bild für Bild. Anschließend werden die einzelnen Bilder von Google zu einem Panoramafoto zusammengesetzt. Weltweit bietet Google den Dienst bereits für 20 Länder an und will bis Ende diesen Jahres auch in den 20 größten Städten Deutschlands starten. Aber darf Google überhaupt ohne Genehmigung auch urheberrechtlich geschützte Gebäude ablichten und veröffentlichen?

Panorama- bzw. Straßenbildfreiheit 

Im deutschen Urheberrecht gilt der Grundsatz der Panorama- bzw. Straßenbildfreiheit. Dies bedeutet, dass grundsätzlich jedermann berechtigt ist, ein Werk (also z. B. ein Gebäude), das von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus zu sehen ist, durch Anfertigen von Bildern oder Filmen zu vervielfältigen, zu verbreiten und auch öffentlich wiederzugeben, ohne dass hierzu eine Genehmigung eingeholt werden muss. Bei Bauwerken bezieht sich diese Befugnis jedoch nur auf die äußere Ansicht.

Allerdings darf die Aufnahme nur aus der Perspektive erfolgen, aus der das Bauwerk für die Öffentlichkeit unmittelbar und ohne technische Hilfsmittel (z. B. Leitern) wahrnehmbar ist. Kontrovers diskutiert wird derzeit von vielen die Frage, ob Google berechtigt ist, die Bilder für Google Street View mithilfe einer auf den Street View-Autos montierten Kamera aufzunehmen, die die Bilder in einer Höhe von ca. 3 Metern anfertigt, oder ob diese ein unzulässiges technisches Hilfsmittel darstellt.

Google rechtfertigt die Kamerahöhe u.a. damit, dass diese dazu diene, keine Gesichter von Personen oder Autokennzeichen aufzunehmen, anhand derer diese identifiziert werden könnten. Kritiker von Google Street View wenden jedoch dagegen ein, dass die Kamerahöhe es einem Nutzer des Dienstes - anders als beispielsweise einem Fußgänger - erlaube, vom Eigentümer bzw. Mieter getroffene Sichtschutzmaßnahmen zu überwinden.

Auf die anhaltende Kritik von Datenschützern im In- und Ausland hin hat Google sich gegenüber den Aufsichtsbehörden für den Datenschutz verpflichtet, verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre zu treffen. Hierzu gehört insbesondere die Unkenntlichmachung von Gesichtern und Autokennzeichen in den aufgenommenen Rohdaten mittels eines automatisierten Verfahrens. Für den Fall, dass Gesichter oder Autokennzeichen nach dem Start des Dienstes trotz Unkenntlichmachung doch noch zu erkennen sind, kann dies mittels einer in Google Street View vorgesehenen Funktion direkt an Google gemeldet werden.

Noch keine gesetzliche Street View-Regelung

Die von Google gegenüber den Aufsichtsbehörden eingegangenen Verpflichtungen gelten - mangels Vorliegen gesetzlicher Regelungen - indes nur zwischen den Parteien, d.h. zwischen Google und den Aufsichtsbehörden. Da es neben Google noch weitere Anbieter von Geodatendiensten gibt (u.a. plant Nokia die Einführung eines ähnlichen Dienstes), wurde kurzfristig der Ruf laut, der Gesetzgeber müsse dem Tun der Anbieter von Geodatendiensten Einhalt gebieten. Während zunächst geplant war, das Bundesdatenschutzgesetz um spezielle Regelungen für Geodatendienste zu ergänzen, scheint dieser Vorschlag jetzt wieder vom Tisch zu sein. Diskutiert wird derzeit, ob die Anbieter von Geodatendiensten mittels entsprechender Selbstverpflichtungserklärungen entsprechend verpflichtet werden sollen.

Wie die Selbstverpflichtungserklärungen der Anbieter jedoch konkret aussehen sollen und ob diese wirklich die erhofften Wirkungen haben werden, bleibt abzuwarten. Bis dahin bleibt Eigentümern oder Mietern nur die Möglichkeit, sich mit dem Wunsch auf (auch nachträgliche) Unkenntlichmachung an Google bzw. den Anbieter des Geodatendienstes zu wenden.

Fazit

Die Fragen rund um Google Street View sind sehr komplex und rechtlich nicht abschließend geklärt. Da die Diskussionen in der Öffentlichkeit bislang sehr emotional geführt wurde, wird eine endgültige Lösung erst gefunden werden können, wenn entweder eine gesetzliche Regelung für Geodatendienste in Kraft tritt oder die Rechtsprechung nach Start des Dienstes die Möglichkeit hat, die Interessen von Google gegenüber den Interessen der betroffenen Personen gegeneinander abzuwägen. Der Ausgang und die Auswirkungen auf Fotografen und Filmer dürfte spannend bleiben.

Der Autor, Kai Schützle, ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht. Er ist Partner von Riegger Rechtsanwälte in Ludwigsburg.

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