Windows 10 Browser
Edge vs. Firefox & Chrome im Vergleich
Wir schicken den Windows 10 Browser Edge in den Dreikampf mit Firefox und Chrome. Wir vergleichen Features und schauen uns Benchmark-Testergebnisse an.

Wenn Windows 10 im Juli 2015 offiziell startet, dann enthält es auch Edge, Microsofts neuen Browser. Mit der neuen Software will Microsoft endlich wieder Anschluss an Chrome und Firefox finden.
Dafür ist es höchste Zeit, denn zuletzt galt der Edge-Vorgänger Internet Explorer nur noch als der Browser, den man nutzt, weil man es nicht besser weiß, oder nichts anderes installieren darf. In Sachen Funktionsumfang, Konfigurierbarkeit und beim Erlernen neuer Web-Standards fiel er immer weiter hinter der Konkurrenz zurück. Von seinen chronischen Sicherheitsproblemen ganz zu schweigen.
Bislang ist Edge ausschließlich als Teil der Windows 10 Technical Preview erhältlich. Unser Beitrag basiert auf Version 15.10130.0.0. Natürlich ist es potentiell unfair, eine noch im Beta-Status steckende Software wie Edge gegen etablierte Konkurrenten zu testen. Aber hinsichtlich Design, Benutzerführung und Funktionsumfang sind so kurz vor der Veröffentlichung keine nennenswerten Sprünge mehr zu erwarten. Verbesserungen erwarten wir hauptsächlich in der Arbeitsgeschwindigkeit, in der Kompatibilität zu Web-Standardtechniken und im Ressourcenverbrauch.
Design und Benutzerführung
Wenig Programmoberfläche, viel Raum für die Anzeige von Web-Inhalten - das ist die Design-Maxime aller großen Browser-Hersteller in den letzten Jahren.

Edge ist die Ausnahme von der Regel. Im Vergleich mit Internet Explorer 11 unter Windows 8.1 belegen die Bedienelemente in der Höhe rund 30 Prozent mehr Platz. Die Tabs befinden sich jetzt über statt neben dem Adressfeld, was die Übersicht bei vielen Tabs erleichtert. Insgesamt geht Edge großzügiger mit dem Bildschirmplatz um. Die Bedienung per Touch profitiert davon, Mausnutzer dürften sich weniger freuen.
Lesetipp: Edge im ersten Test
Optisch erscheint Edge im modernen Look einer Windows-App. Im Vergleich dazu wirken Chrome und Firefox etwas altmodisch. Sie wurden eben als klassische Desktop-Programme entwickelt und nicht als Windows-Apps. Besser für Mausnutzer.
Funktionalität
Standard-Funktionen wie Lesezeichen, Browser-Verlauf und den Privat-Modus bietet Edge genauso wie Chrome und Firefox. Darüber hinaus hebt Microsoft drei neue Funktionen hervor:

- Der Lesemodus erleichtert die Lektüre von Web-Inhalten. Dazu bringt er Texte in ein einheitliches Layout, entfernt Werbung, etc. Er ist die einzige der drei neuen Funktionen, die uns überzeugt, denn er erfüllt seinen Zweck und macht das Web komfortabler. Ein Grund für einen Browser-Wechsel ist der Lesemodus aber nicht. Firefox hat ihn, in Chrome lässt er sich über Erweiterungen nachrüsten.

- Die digitale Assistentin Cortana soll Zusatzinformationen liefern, angepasst an Ihre Bedürfnisse. Um Cortana zu konsultieren, müssen Sie ein Stichwort markieren und rechtsklicken. Dann zeigt Cortana das Ergebnis einer Bing-Abfrage in einer Sidebar ein - mit schwankender Qualität. Markieren Sie zum Beispiel nur einen Straßennamen, sucht Cortana diesen nicht automatisch in Ihrer Nähe. Es braucht auch einen Stadtnamen. Cortana birgt großes Potential, ist im Moment aber kaum besser als die in Firefox und Chrome vorhandene Möglichkeit, markierten Text in einer Suchmaschine nachzuschlagen.

- Webseitennotiz erlaubt das Hinzufügen von Anmerkungen zu Webseiten. Ähnlich wie das bei PDFs schon seit langem möglich ist können Sie Text auf eine Website schreiben, Details farbig hervorheben etc. Das Ergebnis soll sich mit anderen Nutzern teilen lassen. Aus unserer Sicht ist die Funktion unbrauchbar: der Textmarker erkennt Text nicht und ist daher unnötig schwer zu steuern, das Radiergummi funktioniert nur sporadisch und die angekündigte Funktion zum "Teilen mit anderen" fehlt. Lediglich das lokale Abspeichern funktioniert derzeit. Chrome und Firefox bieten keine Funktionen zum Annotieren von Webseiten.
Abgesehen von den drei (bislang) mehr schlecht als recht implementierten Highlight-Features bietet Edge nichts besonderes und tendenziell weniger Funktionen als Chrome und Firefox. Man merkt, dass Microsoft sich zumindest derzeit sehr auf die Technik unter der Haube konzentriert.
Konfigurierbarkeit
Chrome und erst recht Firefox leben davon, dass sie sich umfangreich konfigurieren und mit Erweiterungen um zusätzliche Funktionen ergänzen lassen. Dadurch kann sich jeder genau den Browser konfigurieren, den er braucht. Und Edge?
Das Gute zuerst: Microsoft hat angekündigt, dass Edge sich erweitern lassen wird. Drei Beispiele wurden demonstriert, darunter ein Reddit-AddOn, das die Navigation auf der gleichnamigen Website erleichtert. Entwickler sollen ihre Firefox- und Chrome-AddOns mit gegen Null gehendem Aufwand für Edge veröffentlichen können. So will Microsoft den enormen Rückstand in Sachen AddOn-Vielfalt in den Griff bekommen. Von alledem wird aber zum Start von Edge mit Windows 10 noch nichts zu sehen sein. Erweiterungen hat Microsoft bis auf weiteres vertagt.
Eher kläglich schneidet Edge bislang auch bei den Einstellungsmöglichkeiten ab. Das gilt nicht nur im Vergleich mit Chrome und Firefox, sondern sogar im Hinblick auf den Internet Explorer 11. Nicht einmal sensibles wie der Zugriff auf den Standort, Sicherheitseinstellungen, Autocomplete oder die auf neuen Tabs angezeigten, möglicherweise kompromittierenden Lieblings-Websites lassen sich einstellen.
Leistung
Ob Edge wirklich ein neuer Browser ist, darüber lässt sich diskutieren. Edge basiert auf einer Kernkomponente des Internet Explorers, der Rendering Engine Trident. Das ist einerseits vernünftig, gelten komplette Neuentwicklungen unter Software-Experten doch als besonders riskante Projekte. Andererseits besteht die Gefahr, dass auch der neue Browser Ballast mit sich schleppt, den man eigentlich loswerden wollte.
Vermutlich auch deshalb werden die Microsoft-Entwickler nicht müde zu betonen, wie viele Internet-Explorer-Funktionen sie über Bord geworfen haben, um Trident zur neuen Rendering Engine umzubauen, die ebenfalls Edge heißt. ActiveX, DirectX-Filter, VBScript und vieles mehr flogen raus - mehrere hunderttausend Zeilen Code. Brandaktuelle Technik wie die Unterstützung für Web Audio, Web RTC 1.1 (ORTC), Touch Events und HTTP/2 zogen ein. Unter der Haube gehört Edge deshalb zum modernsten, was derzeit auf dem Browser-Markt erhältlich ist.
Hinsichtlich der HTML5-Kompatibilität gilt das ebenfalls. Zwar liegt Edge im Test von html5test.com nach Punkten rund 10 Prozent hinter Chrome und Firefox, holt hier aber im Monatstakt auf. Die Philosophie hinter diesen Anstrengungen: Weniger proprietäre Microsoft-Technik, mehr offene Web-Standards. Damit schwenkt Microsoft auf eine Linie um, die Chrome und Firefox schon lange verfolgen.
In Sachen Arbeitsgeschwindigkeit ergeben die verschiedenen Browser-Benchmarks kein einheitliches Bild. Auffällig ist vor allem die sehr gute JavaScript-Leistung von Edge. In dieser Disziplin lässt der neue Microsoft-Browser Chrome und Firefox in den meisten Tests hinter sich. Im Allround-Test Peacekeeper liegt Edge hingegen deutlich hinter den beiden Platzhirschen zurück. Ähnliches gilt für den zweiten Allround-Test Browsermark, wo Edge weit hinter Chrome liegt. Das schlechte Abschneiden von Firefox führen wir auf ein Problem des noch recht jungen Benchmarks zurück. Gefühlt hängt Edge jederzeit gut am Gas, scrollt selbst komplexe Seiten butterweich und wirkt einen Hauch flotter als Chrome und Firefox.
Fazit:
Edge ist ein Versprechen für die Zukunft, aber bislang bestenfalls ein Ersatz für den in die Jahre gekommenen Internet Explorer. Technisch zeigt er sich Chrome und Firefox ebenbürtig, aber im Funktionsumfang und insbesondere hinsichtlich Erweiterbarkeit und Konfigurierbarkeit liegt er deutlich hinter den alteingesessenen Browsern zurück.