Bei welchem Vergehen drohen Abmahnung oder Strafverfahren
Die Folgen der Urheberrechtsneuerungen
Die letzten Neuerungen des Urheberrechts 2008 hatten zahlreiche Gerichtsentscheidungen zur Folge. Die Abmahnwellen gingen jedoch nicht zurück.
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- Teil 2: Die Folgen der Urheberrechtsneuerungen

Zum 1. September 2008 ist eine Novellierung des Urheberrechts in Kraft getreten. Insbesondere zwei Aspekte dieser Reform haben ein recht großes Medienecho hervorgerufen: die 100-Euro-Abmahnung und der zivilrechtliche Auskunftsanspruch.

Auskünfte
Bis zur letztjährigen September-Reform des Urheberrechts hatten alle Rechteinhaber - Filmstudios, Plattenfirmen, Künstler - das gleiche Problem. Aufgrund der rasanten technischen Fortentwicklung des Internets sowie des Preisverfalls im DSL- Bereich hatten sie zunehmend Verluste wegen rückläufiger Absatzzahlen zu beklagen. Die moderne Breitband-Technik macht es möglich, dass die neuesten Chart-Songs oder aktuelle Kinofilme teilweise schon vor ihrer offiziellen Veröffentlichung im Internet kostenfrei für jedermann verfügbar gemacht werden.
Zwar können diejenigen, die solche illegalen Dateien herunterladen, anhand ihrer IP-Adresse ermittelt werden. Allerdings war dazu bislang die Mitwirkung des Providers des Betreffenden notwendig. Dieser war jedoch nur gegenüber Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, die entsprechenden Daten preiszugeben. Deshalb waren Rechteinhaber bislang dazu gezwungen, Strafanzeige zu erstatten, um dann im Zuge der Ermittlungen durch Einblick in die Strafakten Name und Anschrift der ermittelten IP-Adresse zu erfahren.
Mit den letzten Änderungen wurde unter anderem ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch in das Urheberrechtsgesetz (UrhG) eingeführt (§ 101 UrhG). Dadurch steht Rechteinhabern unmittelbar gegen die Provider ein Anspruch auf Übermittlung der Daten eines bestimmten Anschlussinhabers zu. Dies gilt jedoch nur dann, wenn fremdes Urheberrecht in "gewerblichem Ausmaß" verletzt wird. Somit muss kein Umweg mehr über ein Strafverfahren gegangen werden.
Es leuchtet ein, dass diese Lösung sowohl für die Rechteinhaber als auch für die Filesharer große Vorteile mit sich bringt. Die Rechteinhaber können in relativ kurzer Zeit Auskunft erhalten und den Filesharern drohen nicht zwangsläufig Strafverfahren.Bereits einen Tag nach Inkrafttreten des § 101 UrhG gab es die erste gerichtliche Entscheidung zur zentralen Frage dieser Norm: Wann ist die Schwelle zum gewerblichen Ausmaß überschritten?Nach und nach stellten verschiedene Gerichte in ganz Deutschland Kriterien auf, anhand derer der doch recht schwammige Begriff des gewerblichen Ausmaßes konkretisiert werden sollte. Leider gehen die Ansichten der Gerichte dabei teilweise so weit auseinander, dass kein Stück Rechtsklarheit gewonnen werden konnte.
Das Landgericht (LG) in Köln hat mit Beschluss vom 2. September 2008 (Aktenzeichen: 28 AR 4/08) entschieden, dass ein gewerbliches Ausmaß und damit der Auskunftsanspruch dann zu bejahen sei, wenn ein Album als eine große Datei kurz nach der Veröffentlichung des Tonträgers in Deutschland - etwa mittels P2P-Filesharing - öffentlich zugänglich gemacht wird.Diese Entscheidung wurde dann zwar durch das Oberlandesgericht (OLG) Köln aus formellen Gründen aufgehoben (Beschluss vom 21. Oktober 2008, Aktenzeichen: 6 Wx 2/08), aber die OLG-Richter schlossen sich der Auffassung ihrer Kollegen am Landgericht hinsichtlich des gewerblichen Ausmaßes an.

Folgerichtig entschied das LG Köln dann mit Beschluss vom 26. September 2008 (Aktenzeichen: 28 OH 8/08) sowie auch mit Beschluss vom 17. Dezember 2008 (Aktenzeichen: 38 OH 8/08) aufgrund gleicher Argumentation zugunsten des Anspruchstellers. Das LG Frankfurt a. M. vertrat in seinem Beschluss vom 18. September 2008 (Aktenzeichen: 2-06 O 534/08) ebenfalls diese Auffassung. Im Beschluss vom 5. September 2008 (Aktenzeichen: 28 AR 6/08) bejahte das LG Köln ein gewerbliches Ausmaß in dem Fall, dass ein Musikalbum zwar schon länger auf dem Markt befindlich war, aber zu den erfolgreichsten Alben in Deutschland gehörte.