Netzpolitik.org & Landesverrat?
Kommentar - Verfassungsschutz macht Blogger stark
Der Verfassungsschutz wirft dem Blog Netzpolitik.org Landesverrat vor. Ein Kommentar dazu von unserem Redakteur Wolf Hosbach.

Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, hat gegen die Betreiber des Blogs Netzpolitk.org einen Antrag auf Strafanzeige gestellt. Der Vorwurf lautet: Landesverrat. Netzpolitik hatte aus als vertraulich gekennzeichneten Dokumenten des Verfassungsschutzes über eine neue Internetüberwachungseinheit zitiert. Die beiden Journalisten Markus Bekedahl und Andre Meister sind von einer lebenslangen Haftstrafe bedroht, mindestens jedoch einem Jahr.
Das letzte Mal, dass Vertreter der Presse sich gegen Landesverrat wehren mussten, war 1962 in der Spiegel-Affäre: Strauß contra Augstein. Seit diesen Tagen genießt die Presse im Interesse der Öffentlichkeit und der Demokratie weitgehende Schutzrechte gerade auch gegenüber Landesverrat.
Über Maaßens Intention, hier gegen eine Wand zu rennen, lässt sich nur mutmaßen. Möchte er die Internet-Öffentlichkeit einschüchtern - ein Versuch, den er gegen etablierte Printmedien wohl wegen dessen Aussichtslosigkeit nie gewagt hätte? Bei Bloggern sind seine Erfolgsaussichten auf den ersten Blick größer, da sie selten über eine kampferprobte juristische Abteilung wie große Verlage verfügen.
Maaßen wird mit seinem aggressiven Vorgehen jedoch genau das Gegenteil einer Einschüchterung bewirken. Netzpolitik ist wehrhaft, dass haben die Blogger in früheren juristischen Auseinandersetzungen gezeigt.
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Letztendlich ist sehr unwahrscheinlich, dass ein deutsches Gericht in 2. oder 3. Instanz die Journalisten verurteilen wird. Die Pressefreiheit wird wie 1962 gestärkt aus dem Konflikt hervorgehen und auf die neuen Medien ausgeweitet sein. Hinterhof-Blogger werden völlig selbstverständlich die gleichen Schutzrechte wie gewappelte Redakteure in Beton-und-Stahl-Silos genießen. Das wird ihr Selbstbewusstsein gegenüber rechtlichen Anfeindungen stärken, gerade auch das der Blogger-Neulinge, die nicht über das Standing und die hervorragende politische Vernetzung von Bekedahl und Meister verfügen. Maaßen muss als großer Förderer der neuen Medien und der Pressefreiheit gelten.
