Vorwürfe gegen Virenscanner
Kaspersky als Spionage-Tool? Israel warnte US-Geheimdienste
Die Spionageaffäre um Kaspersky Labs spitzt sich zu. Israels Geheimdienst soll die Firmennetzwerke infiltriert und dort die Spionageattacke über den Virenscanner beobachtet haben.

Vergangene Woche sorgte ein Bericht des Wall Street Journal für Aufsehen, wonach russische Hacker mithilfe der Anti-Virus-Software von Kaspersky Labs gezielt US-Geheimdienste angegriffen haben sollen. Auf diese Weise erbeuteten die Angreifer geheime Informationen über NSA-Cyberwaffen, die ein Dienstleister auf einen privaten Computer übertragen hatte. Nun gelangen neue Details über die Spionageaffäre ans Tageslicht - und diese wirken geradezu filmreif.
Im Mittelpunkt steht diesmal Israel. Wie die New York Times berichtet, erhielten die US-Sicherheitsbehörden von dort die Informationen über die Kaspersky-Spähattacke. Der israelische Geheimdienst war demnach in das Firmennetzwerk von Kaspersky Labs eingedrungen und hatte in Echtzeit beobachtet, wie russische Hacker über die Kaspersky-Software nach den Codenamen der US-Geheimdienstprogramme suchten. Das Netz von über 400 Millionen installierten Kaspersky-Virenscannern weltweit diente für die Angreifer dabei quasi als Suchmaschine.
Quelle für diese Informationen sind laut New York Times anonyme US-Regierungsmitarbeiter. Der Vorfall soll vor zwei Jahren stattgefunden haben, führte jedoch erst im vergangenen Monat zu der Entscheidung, alle Kaspersky-Software von Computern in US-Behörden zu entfernen.
Kaspersky widerspricht Anschuldigungen
Kaspersky Lab dementierte in einem offiziellen Statement jedwede Kenntnis oder Teilnahme an den mutmaßlichen Spionageaktivitäten. Die IT-Sicherheitsfirma hatte 2015 eine komplexe Cyberattacke auf die eigenen Netzwerke aufgedeckt, die über verschiedene Backdoors monatelang unerkannt Informationen entwenden konnte. Im Fokus der Angreifer standen damals offenbar die Kaspersky-Analysen der amerikanischen und britischen Cyberwaffen. Nach den aktuellen Erkentnissen ist diese Attacke dem israelischen Geheimdienst zuzuschreiben, der aufgrund Code-Ähnlichkeiten zur Stuxnet-Attacke bereits damals verdächtigt wurde.
Ob Firmengründer Eugene Kaspersky oder andere Mitarbeiter wiederum von der nun offenbarten russischen Cyberattacke wussten oder nicht, ist unklar. Eine Unterwanderung durch den russischen Geheimdienst oder eine technische Infiltrierung sind ebenfalls mögliche Erklärungen. US-Sicherheitskreise gehen jedoch stark davon aus, dass russische Unternehmen unter Präsident Vladimir Putin wenig Wahlmöglichkeiten haben, wenn es darum geht, die Spionageaktivitäten der Geheimdienste zu unterstützen.
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